Hallo liebe Freunde der leichten Unterhaltung,
beim letzten Stammtisch habe ich mit einigen Heimkino-Verrückten gesprochen über meine DIY-Verstärker, warum ich diese selbt gebaut habe, wie ich die denn gebaut habe, was man dazu benötigt, etc.
Hier also ein paar Informationen dazu.
Warum macht man sowas?
Ich hatte mir eine Vor-/Endstufen Kombination gewünscht und hatte mir bereits bei einigen Foren-Mitgliedern ihr System anhören können. Für meine Kino-Baustelle war somit klar, dass ich nicht nur eine gute Vorstufe benötige (ich hab' mich für eine Lexicon MC-8 entschieden, die ich auf eBay günstig erwerben konnte), sondern auch in Vorstufen investieren muß. Ich habe zu der Zeit schon meine Surround-Arrays an der Wand und somit pro Kanal insgesamt 12 Chassis die mit Strom versorgt werden mussten. Für ein 7.x System hätte ich daher eine 7-Kanal Endstufe mit guter Leistung benötigt.
Getreu dem Motto "Selbst ist der Mann" hab' ich mich aber auch in das Thema Verstärker eingelesen und war hin- und hergerissen vom Thema mir auch meine Endstufen selbst zu bauen - zumal man für einfache Verstärker wirklich nur ein paar Bauteile benötigt. Nach mehreren Wochen überlegen hab' ich mich dann entschlossen das Ganze einfach auszuprobieren und hab' mir die notwendigen Teile bestellt. Wenn's nicht geklappt hätte, dann wäre ich einfach um ein paar Erfahrungen reicher gewesen.
Allerdings - ich war ungemein positiv überrascht. Mein Selbstbau Verstärker hat pro Kanal 68W und ist genug laut um damit meine Fronts und Surrounds zu befeuern. Vom Klang kann man keinen Unterschied zu einem gekauften Verstärker erkennen. Das kleine Ding hat genügend Stabilität und Dynamik um wirklich konstant Leistung abgeben zu können.
Welche Bausätze sind denn zu empfehlen?
Ich hab' mir einen Gainclone ausgesucht. Der Verstärker an sich ist lediglich ein kleiner Chip von Texas Instruments mit der Bezeichnung LM3886 und braucht nur ein paar Teile um an ein Netzteil angeschlossen zu werden. Den Schaltplan findet man oft im Netz, aber ich habe mich letztlich für diese Bauanleitung entschieden: http://dogbreath.de/Chipamps/GainCardCo ... dCopy.html.
Tipps & Tricks für den Aufbau hab' ich mir von dieser Seite geholt: http://www.decdun.me.uk/gaincloneFAQ.html#gcfaq3
Der Gainclone ist sicherlich ein sehr "einfacher" Verstärker mit "nur" 68W pro Kanal. Falls man ein wenig mehr haben möchte - eine sehr große Community schwört auf den Selbstbau eines SymAsym Verstärkers http://www.lf-pro.net/mbittner/Sym5_Web ... asym5.html. Um sich einen SymAsym aufzubauen, muss man aber deutlich mehr in ein stabiles Netzteil (Power Supply Unit = PSU) investieren, als dies beim Gainclone der Fall ist, und man benötigt dann schon eine geätzte Platine. Mit ca. 100€ für die Teile ist der SymAsym aber durchaus eine vermeindlich bessere Wahl als der einfache Gainclone.
Wie ist denn ein Verstärker aufgebaut?
Ich will hier nicht zu wissenschaftlich werden. Im Prinzip hat jeder Verstärker zwei Hauptkomponenten: Das Netzteil und den eigentlichen Verstärker.
Das Netzteil besteht (in meinem Fall) aus einem Ringkern-Trafo, der die Netzspannung (also eine Wechselspannung) in eine niedrigere Wechselspannung transformiert. Für den Gainclone braucht man hier eine Spannung von (wenn ich mich recht erinnere) ca. +20V und -20V. Ihr habt richtig gelesen - man braucht eine positive Spannung und eine negative Spannung. Um die negative Spannung zu erzeugen, benötigt man einen Trafo mit "Mittelabgriff", bzw. zwei Wickelungen. D.h. das Null-Potential ist in der Mitte der Trafo-Spule und wird als Leitung rausgeführt. Hier ist das eigentlich ganz gut dargestellt: https://www.elektronik-kompendium.de/si ... 207222.htm.
Als Trafo findet man typischerweise im HiFi Bereich Ringkern-Transformatoren. Ich hab' aber auch schon "normale" Trafos gesehen, die verbaut wurden.
Nachdem man die Wechselspannung(en) von +/-20V erzeugt hat, muss aber noch eine Gleichspannung erzeugt werden. Dazu dient eine sogenannte Gräz-Brücke http://www.elektronik-kompendium.de/sit ... 807181.htm- im Volksmund auch "Gleichrichter" genannt. Nach der Gleichrichtung hat man dann zwar eine Gleichrichtung, aber noch keine Gleichspannung. Dazu muss die Spannung noch geglättet werden. Dies geschieht durch Kondensatoren, die (falls die Spannung abfällt) Energie abgeben und sich beim anliegen einer Spannung mit Energie aufladen. Also so ähnlich wie eine "Batterie" (die Elektriker unter Euch mögen mir den Vergleich verzeihen). Je größer (und damit leider auch teurer) die Kondensatoren, desto gleichmäßiger ist die Gleichspannung und - die Energiereserven des Verstärkers. D.h. der Verstärker bricht nicht so schnell ein, wenn kurzfristig beim Tonsignal eine hohe Verstärkung gefordert wird. (Wenn ich meine Verstärker vom Netz-Strom trenne, dann haben die Kondensatoren genug Energie gespeichert, dass ich ca. 2 Sekunden weiter Musik hören kann!).
Also zusammengefasst: Transformation der Netzspannung durch Trafo - Gleichrichtung - Glättung.
Der Verstärker an sich ist dann lediglich ein "Operationsverstärker" - also ein einfacher "Chip" - der das Eingangssignal verstärkt.
Was braucht man denn um einen Verstärker zu bauen?
Ich habe mir damals die meisten Bauteile bei Reichelt bestellt. Hier die Stückliste meiner Bestellung für einen Stereo-Verstärker (sorry for die krypischen Bezeichnungen, aber so war es dann in meiner Mail):
1/4W 22K 100
1W 220 10
7W AXIAL 4,7 1
CBP 2 2
DA 30MM 8
GLIMMER TOP 3 20
IB 2 10
KATALOG 1
KES 2SI 2
K-FLINK 1,6A 10
K-TRÄGE 1,6A 10
KUPFER 0,6MM 1
LM 3886 T 3
METALL 10,0K 100
METALL 680 100
MKS-4 100N 20
ML 209-5 1
MUR 860 8
PL 137000 4
PZ K 1
RK11K112-LOG10K 2
RKT 8018 2
SI 6018 1
WIPPE 1802.1108 2
Auftragswert = 101.34 Euro
Widerstände und "Kleinzeug" kauft man immer in 100 Packungen - ich glaub' darunter wird gar nichts verschickt. Die Stütz-/Glättungskondensatoren sind beim Gainclone relativ klein (2200uF wenn ich mich recht erinnere) und ich hab' diese bei eBay bestellt. Bitte bedenkt, dass ihr hier für einen Stereo-Verstärker (oder 2 Kanäle) 4 Stück benötigt.
Was ihr zudem noch benötigt ist:
Ein Lötkolben (logischerweise)
Einen Seitenschneider
Meine Empfehlung: Einen Satz Streifenrasterplatinen. Den Chip frei verdrahtet zu verlöten geht zwar, ist aber schon ein ziemliches Gefummel. Lieber die Bauteile auf einem kleinen Stück Loch- oder Streifenplatine aufstecken und dort festlöten. Weiterhin muss man auch die Gleichrichterplatine aufbauen, das geht ganz gut auf Streifenplatine.
Einige Platinenklemmen (für die Anschlüsse des Trafos an den Gleichrichter).
und - ganz wichtig - einen Kühlkörper für den eigentlichen Verstärker-Chip.
Weiterhin:
XLR-Buchsen oder wahlweise Chinch-Buchsen.
Wärmeleitpaste (dünn an die Rückseite der Verstärkerchips schmieren und dann die Isolationsfolie aufkleben bevor diese auf den Kühlkörper montiert werden).
Die teuersten Bauteile in dem Set sind: Der Kühlkörper (ich hab' einen großen Kühlkörper bei Pollin bestellt für ca. 5€ das Stück), die Glättungskondensatoren und die Ringkerntrafos.
Wie sieht das ganze dann aus, wenn man es verlötet hat?
So sah' mein erster Versuch aus bevor ich den Chip auf einen Kühlkörper geschraubt hatte. Im nachhinein hab' ich alle anderen Chips auf eine kleine Lochraster-Platine verbaut, da es schon ein ziemliches Gefummel ist bis der Chip auf dem Kühlkörper angeschlossen ist und alle Kabel angelötet sind.
Den kompletten "Kabelverhau" sieht man hier: Noch ein paar Tipps
- Beim Kauf des Trafos darauf achten, dass die Gleichspannung, die man nach der Gleichrichtung erhält um den Faktor 1,4 höher ist als der Wert der Wechselspannung auf dem Trafo. Also z.B. ein 16V Trafo liefert nach einer Gleichrichtung eine Spannung von 16*1,4V=22,4V
- Die Sicherungen nicht vergessen. Eine Sicherung direkt nach der Stromzufuhr vom Netz, zwei weitere nach der Gleichrichtung (eine für den + Strang, die andere für den - Strang).
- Die Masse (also das Null-Potential) auf einem Punkt zusammenführen. Ansonsten besteht die Gefahr des Rauschens.
- Lest Euch die Bauanleitung durch bevor ihr loslegt - die beiden Links die ich beigefügt habe enthalten viele Nützliche Tipps
- Vorsicht beim Betrieb mit Netzspannung. Bei Arbeiten am Verstärker immer das Netzkabel ziehen und WARTEN. Die Glättungskondensatoren halten die Energie ziemlich lange!
- Die LM3886 Chips müssen mit Isolation an den Kühlkörper geschraubt werden. Ansonsten besteht die Gefahr von Kurzschlüssen. Wichtig: Auch die Schrauben müssen isoliert sein.
Nachdem ich ja schon beschrieben habe, dass ein Verstärker im Prinzip aus einem Netzteil (mit Glättung) und dem eigentlichen Verstärker besteht, kann man das gleiche Prinzip natürlich auch für Sub-Woofer Verstärker anwenden. Leider sind die Bausätze dann nicht mehr so "einfach". Ich hab' mich für meine vier Sub-Verstärker für Hypex-Module entschieden. Das Netzteil dazu hab' ich mir wieder selbst gebaut... Also gleiches Prinzip - nur die Trafos sind ein wenig größer (160W). So - jetzt bin ich auf Eure Fragen und Kommentare gespannt.
Viele Grüße,
Hermes
PS: Falls ihr erstmal mit einem ganz einfachen Verstärker anfangen wollt, dann kann ich Euch noch diese Schaltung ans Herz legen: http://bwir.de/miniverstaerker-mit-dem-lm386/.
Der Chip ist sicherlich kein "Soundwunder" mit gerade einmal 2Watt Leistung. Aber man kann ihn an einem einfachen kleinen Steckernetzteil oder sogar mit Batterie betreiben. D.h. es kann nichts kaputt gehen . Und ihr werdet erstaunt sein wie "laut" es werden kann mit 2Watt Leistung. Ich hab' mir die kleine Schaltung mal zum Spaß aufgebaut um meine alten Brüllwürfel vom ersten AV-Receiver im Büro zu betreiben und muss sagen - da fehlt nichts. Die Bauteile gibt es z.B. bei Pollin.de für ein paar Euro, und innerhalb weniger Stunden/Minuten habt ihr ein Erfolgserlebnis...